LG Heilbronn, Urteil vom 10.02.2023 - We 6 O 345/21

Online Glücksspiel Rückforderung von Spieleinsätzen – Passivlegitimation; Spieleraccount; Vertragsübernahme

Tags: charge-back, Entreicherung, EU-Ausland, Gewinnausschüttung, Glücksspiel, Leichtfertigkeit, Nichtigkeit, Online-Glückspiel, Online-Glücksspiel, Rahmenvertrag, Rechtsmissbräuchlichkeit, Rückforderung, Sittenwidrigkeit, Spieleinsatz, Spieleraccount, Spielhalle, Verbotsgesetz, Weiternutzung, § 134 BGB, § 242 BGB, § 817 BGB

1. Im Eröffnen eines Spieleraccounts (Spielerkonto) auf der Website eines im EU-Ausland ansässigen Anbieters von Online-Glücksspielen, durch einen Verbraucher unter Nutzung von dessen E-Mail-Adresse, liegt der Abschluss eines Rahmenvertrages, unter dessen Regelungssystem die einzelnen Spiele, Spieleinsätze und Gewinnausschüttungen durchgeführt und verbucht werden und mit dem die einzelnen Spiele, Einzahlungen und Gewinnausschüttungen somit untrennbar verbunden sind.
2. Dieser Vertrag unterliegt nach Art. 6 Abs. 1 lit. b) Rom I-VO regelmäßig deutschem Rechte, da der im EU-Ausland ansässige Anbieter von Online-Glücksspielen von dort aus seine gewerbliche Tätigkeit online auf den deutschen Markt, in deutscher Sprache, mit deutschem Kundenservice an primär deutsche Verbraucher ausrichtet.
3. Führt eine andere im EU-Ausland ansässige Betreibergesellschaft den bei der ursprünglichen Betreibergesellschaft unter der E-Mail-Adresse des Verbrauchers registrierten Spieleraccount samt erteilter ausländischer Lizenz unverändert fort, insbesondere unter identischer Domain und Website, so liegt darin regelmäßig bei objektiver Auslegung eine Vertragsübernahme des Rahmenvertrages samt der mit ihm verbundenen einzelnen Spiele, verbuchten Spieleinsätze und Gewinnausschüttungen, welcher der Verbraucher jedenfalls konkludent durch aktive Weiternutzung seines Accounts zugestimmt hat. Bei der vorgenannten Sachlage kann dem Verhalten des Verbrauchers kein Erklärungsgehalt dahingehend beigemessen werden, noch das Verhalten des Verbrauchers durch die neue Betreibergesellschaft objektiv dahingehend verstanden werden, dass dieser mit der neuen Betreibergesellschaft durch Weiternutzung seines Spieleraccounts oder gegebenenfalls Akzeptieren von neuen AGB einen gänzlich neuen Vertrag zu schließen gedenkt. Die neue Betreibergesellschaft ist hinsichtlich des Spieleraccounts und der mit diesem verbundenen Spiele, Spieleinsätze und Gewinnausschüttungen vielmehr Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Betreibergesellschaft und damit auch für Rückforderungsklagen passivlegitimiert.

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VG Arnsberg, Urteil vom 18.04.2024 - 5 K 2125/23

Tags: Art. 12 GG, Bemessungsmaßstab, Besteuerung, Bruttospieleinsatz, erdrosselnde Wirkung, Erhebung von Vergnügungssteuer, Spielgeräte, Spielhalle, Steuergegenstand, Steuersatzung, strukturelles Vollzugsdefizit, Vergnügungssteuer, Vergnügungssteuerbescheid

1. Es gibt keinen Rechtssatz, der vorschriebe, dass die Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit eine Bagatellsteuer zu sein habe.
2. Die Vergnügungssteuererhebung für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit verstößt nicht gegen die Mehrwertsteuersystemrichtlinie EGRL 112/2006 bzw. die Verbrauchsteuerrichtlinie EGRL 118/2008.
3. Der Steuersatz von 22 v.H. der Bruttokasseneinnahmen je Kalendermonat und Apparat für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit verstößt nicht gegen Art 12 GG, insbesondere entfaltet er keine erdrosselnde Wirkung.
4. Es ist Spielgeräteaufstellern möglich, unternehmerischen Verlusten durch eine Preiserhöhung entgegenzuwirken.
5. Zu dem Problem des strukturellen Vollzugsdefizits bei der Vergnügungssteuererhebung für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit aufgrund der Verbreitung illegaler Spielangebote (sog. Fun Games).
6. Die Erhebung von Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit steht mit Blick auf die Verbreitung illegaler Spielangebote nicht im Widerspruch zu anderen rechtlichen Bestimmungen.
7. Ergeht der abschließende Vergnügungssteuerbescheid, ist der Vorauszahlungs-bescheid im Sinne des § 124 Abs 2 AO 1977 auf andere Weise erledigt.

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OLG Stuttgart, Urteil vom 12.04.2024 - 5 U 149/23

Rückforderungsanspruch gegen den Veranstalter von unerlaubten Online-Glücksspielen

Tags: Berufung, charge-back, Dienstleistungsfreiheit, Individualschutz, Individualschutzcharakter, Schutzgesetz § 4 GlüStV, Unionsrechtskonform, § 4 Abs. 4 GlüStV, § 812 BGB, § 823 Abs. 2 BGB

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OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.04.2024 - OVG 1 S 104/23

Geeignetheitsbestätigung; Spielgeräte; Änderung der Nutzungsart; bauliche Änderungen; Erledigung auf sonstige Weise

Tags: aufschiebende Wirkung, bauliche Veränderung, erlaubnisfreie Gaststätte, Erledigung, Geeignetheitserklärung, Geldspielgeräte, Nutzungsänderung, Spielhalle, Widerspruch, § 33c Abs. 3 GewO, § 43 Abs. 2 VwVfG

Die Geeignetheitsbestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO erlischt gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG bei einer wesentlichen, offen zu Tage tretenden Änderung der Nutzung und baulichen Gestaltung des ihren Gegenstand bildenden Aufstellungsortes.

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OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.04.2024 - I-20 W 90/23

Tags: Festsetzung, Malta, Online-Glücksspiel, Ordnungsgeld, Ordnungshaft, Ordnungshaft für den Geschäftsführer, titulierte Unterlassungsforderung, Unterlassungsforderung, Wetten, Zwangsmittel, Zweitlotterien, § 890 ZPO

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BGH, Beschluss vom 22.03.2024 - I ZR 88/23

Tags: charge-back, Hinweisbeschluss, keine Erlaubnis, Konzession, ohne Rechtsgrund, Online-Sportwetten, Rückzahlungsanspruch, Sportwetten, Sportwetten-Verträge, § 812 BGB

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OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.03.2024 - 6 A 10927/23.OVG

Lotterierecht

Tags: Dachmarke, Imagewerbung, Minderjährige, Nebenbestimmung, öffentliches Glücksspiel, Soziallotterie, Werberegelung, Werbung, § 5 GlüStV 2021

1. Die Verwendung der Dachmarke zu satzungsbezogenen Zwecken stellt Werbung im Sinne von § 5 des Glücksspielstaatsvertrages 2021 in Form von Imagewerbung dar, auch wenn im Einzelfall kein Bezug zum Glücksspielangebot der Soziallotterie erkennbar ist.
2. Einer Soziallotterie ist es als Inhaber einer Erlaubnis für öffentliches Glücksspiel zumutbar, auf Imagewerbung durch Verwendung der Dachmarke zu verzichten, wenn sich deren gemeinnützigen Förder-, Aufklärungs- und Bildungsmaßnahmen gezielt an Minderjährige richten.
3. Eine Nebenbestimmung, die nicht klar erkennen lässt, welche der zahlreichen einem Inhaber einer Erlaubnis für öffentliches Glücksspiel obliegenden Pflichten im Einzelnen auf einen zur Durchführung einer Werbung beauftragten Dritten zivilrechtlich übertragen werden sollen, ist nicht hinreichend bestimmt formuliert und wahrt überdies nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

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VGH Hessen, Beschluss vom 18.03.2024 - 8 B 56/22

Tags: einstweiliger Rechtsschutz, Einzahlungslimit, Nebenbestimmungen, Neubescheidung, Online-Wetten, § 6c GlüStV

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VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 18.03.2024 - 3 K 786/23

Tags: Drittanfechtungsklage, glücksspielrechtliche Erlaubnis, Individualschützende Norm, keine drittschützende Wirkung, keine Klagebefugnis, Sperrwirkung, Spielhalle, Spielhallenerlaubnis, Trennungsgebot, Wettveranstaltung, Wettvermittlung, § 16 Abs. 1 AG GlüSTV NRW, § 21 Abs. 2 GlüStV 2021, § 42 Abs. 2 VwGO

(Dritt-)Anfechtungsklagen infolge des Trennungsgebotes des § 21 Abs. 2 GlüStV 2021 zu Gunsten von Spielhallenbetreibern verdrängter Wettveranstalter bzw. Wettvermittler sind mangels bestehender Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig, weil weder dem Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV 2021 und der hiermit korrespondierenden landesausführungsgesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 10 AG GlüStV NRW noch den maßgeblichen Vorschriften über die Erteilung von glücksspielrechtlichen Spielhallenerlaubnissen eine drittschützende Wirkung zukommt.

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EuGH, Beschluss vom 14.03.2024 - C-429/22

Tags: Art. 4 Rom-I-Verordnung, Auslegung von Art. 6 Rom-I-Verordnung, bestimmender Charakter, Günstigkeitsprüfung, mutmaßlich günstigeres Recht, Online-Casino, Verbraucherverträge

Beschluss des Gerichtshofs (Siebte Kammer) vom 14. März 2024.; VK gegen N1 Interactive Ltd.; Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Wien.; Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Antwort, die klar aus der Rechtsprechung abgeleitet werden kann – Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht – Verordnung (EG) Nr. 593/2008 – Art. 6 – Verbraucher, der die Zahlung einer Geldsumme begehrt, die er in einem Online-Casino gewonnen zu haben behauptet – Keine Rechtswahl – Anwendung eines mutmaßlich günstigeren Rechts anstelle des Rechts des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.; Rechtssache C-429/22.

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